Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zur Hauptnavigation springen

21.03.22

Mit Technologieoffenheit in die Sackgasse

Technologieoffenheit - ein Begriff, der die Elektromobilität seit ihren jüngsten Zeiten heimsucht. „Nicht nur Batterien, auch andere Ideen für die Antriebswende sollten Gehör finden – wir brauchen Chancengleichheit!“ In der Politik und auch in der Bevölkerung sind solche Äußerungen beim Thema Elektromobilität nicht selten. Nur kann man diese Chancengleichheit nicht herbeizwingen.

Kürzlich entdeckte Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlandes, die Technologieoffenheit für seinen Wahlkampf. Erst beschwerte er sich in einer emotionalen Rede an einer Tankstelle über die aktuell hohen Spritpreise, dann forderte er zwei Wochen später auf Twitter mehr Technologieoffenheit für die Antriebswende im Automobilbereich. Also sinngemäß: Verbrenner fahren ist gerade echt blöd, aber der Kurs Richtung batterieelektrischer Mobilität ist irgendwie auch nicht so dufte. Dieser Kurs ist mittlerweile klar erkennbar: So gut wie alle Automobilhersteller haben inzwischen Fristen für den Ausstieg aus der Verbrennerwelt beschlossen und sich auf eine batterieelektrische Zukunft eingestellt. Das Angebot batterieelektrischer Fahrzeuge wächst stetig; zaghafte Versuche der Wasserstoffmobilität verschwinden in der Versenkung. Die Kunden bestätigen diese Entwicklung: Von Jahr zu Jahr steigen die Zulassungszahlen reiner Elektroautos stark an. Tesla schafft es inzwischen regelmäßig mit dem Model 3 Verbrenner deutschen Fabrikats in den Statistiken zu überholen – und das in Deutschland.

Was genau meint nun Technologieoffenheit? Das bedeutet neben batterieelektrischer Mobilität auch andere mögliche Antriebskonzepte der Zukunft zu fördern, konkret Wasserstoff und E-Fuel. Letzterer hat einen großen Vorteil: Theoretisch ist mit der jetzigen Fahrzeugflotte auf unseren Straßen und dem aktuellen Tankstellennetz eine umweltfreundliche Alternative realisierbar, die, aktuell wie nie zuvor, Unabhängigkeit gegenüber Rohstoffexporteuren wie Russland schaffen kann. Klingt erstmal toll. Warum machen wir das dann nicht einfach? Natürlich gibt es bei solchen Ideen auch immer Schattenseiten.

Schauen wir uns zunächst den altehrwürdigen Wasserstoff an. Mithilfe von Elektrolyse wird aus Wasser unter Stromeinsatz Wasserstoff erzeugt. Dieser wird in Hochdrucktanks gespeichert und mit einer Brennstoffzelle wieder verstromt. Dieser Strom treibt dann einen Elektromotor an. Das Prinzip ist nicht neu: Schon in den 70er Jahren experimentierte BMW mit einem wasserstoffbetriebenen PKW. Doch zu mehr als Prototypen und einer Kleinserie von Toyota und Hyundai hat es im PKW bis heute nicht gereicht. Der Hauptgrund dafür liegt in der Effizienz. Der gesamte Herstellungsprozess des Wasserstoffs bis zum Rad des H2-Autos ist extrem verlustbehaftet: Allein die Brennstoffzelle und der Elektrolyseprozess reichen aus, um dem H2-Auto einen unterirdischen Wirkungsgrad zu bescheren, deutlich unter dem eines batteriebetriebenen Fahrzeugs, das den Strom ohne ineffiziente Umwandlungsprozesse direkt nutzt. Diese Ineffizienz macht sich beim Strombedarf dieser Antriebstechnik bemerkbar, man spricht von zwei bis dreimal so viel Strom, wie eine batteriebetriebene Fahrzeugflotte brauchen würde. Da Umweltschutz ein zentrales Thema der Antriebswende ist, muss dieser natürlich mittelfristig aus erneuerbaren Energien stammen. Ob diese den durch Wasserstoffmobilität erhöhten Strombedarf kompensieren können, ist fraglich. Aktuell stammen nahezu 100% des erzeugten Wasserstoffs aus Erdgas.

Das Problem der E-Fuels liegt ebenfalls in der Effizienz, nur wiegt es hier noch schwerer. Bei der Herstellung wird unter anderem Wasserstoff benötigt, das Effizienzproblem des Wasserstoffs fließt in die E-Fuels also komplett mit ein. Des Weiteren wird CO2 benötigt, welches ebenfalls unter hohem Aufwand aus der Umgebungsluft oder aus fossilen Kraftwerken gewonnen wird. Nach aufwändiger Herstellung wird der kostbare Stoff schließlich in Verbrennungsmotoren zu Wärme verheizt, ein kleiner Teil der im E-Fuel enthaltenen Energie lässt das Auto vorwärts fahren. Der verheerende Wirkungsgrad würde sich selbstverständlich nicht nur in einem abenteuerlichen Strombedarf bemerkbar machen (etwa der fünffache Bedarf batterieelektrischer Fahrzeuge), sondern ebenso in einem abenteuerlichen Literpreis an der Tankstelle – Herr Hans würde auf die Barrikaden gehen. Aber war er es nicht, der Technologieoffenheit forderte?

Die Antriebsfrage ist entschieden. Mit batteriebetriebenen Fahrzeugen ist es am besten möglich umweltfreundlich, effizient und günstig zu fahren, mit E-Fuels oder Wasserstoff nur sehr schwer oder gar nicht. Im Grunde ist dieses Fazit überhaupt nicht verwunderlich: Der Glaube, dass drei völlig verschiedene Antriebskonzepte die gleiche Chance auf eine zukünftige Umsetzbarkeit haben, ist fernab jeglicher Realität. Technologieoffenheit bedeutet nichts weiter als einer realistischen Idee Unterstützung wegzunehmen und sie in unrealistische Ideen zu pumpen – für mehr Chancengleichheit.

(Bild: Hyundai)